Wo Geschichte lebendig wird – im Gespräch mit Franz Nawrath vom Förderkreis Industriepfad Düsseldorf e.V.

Am 29. August 2025 war Franz Nawrath zu Gast im HirschburgFORUM. Als Vorsitzender des Förderkreises Industriepfad Düsseldorf (FKI) engagiert er sich seit vielen Jahren für die Pflege der Industriekultur im Düsseldorfer Osten. Im Gespräch berichtet er über seine ersten Eindrücke der Hirschburg, die Arbeit des Förderkreises und seine Vision für die Zukunft.

Ein besonderer Ort mit Geschichte

Herr Nawrath, Sie sind dem HirschburgFORUM begegnet. Was verbinden Sie persönlich mit diesem Ort?

„Die Hirschburg ist mir schon immer aufgefallen, wenn ich in der Umgebung spazieren war. Zwischen den Bäumen konnte man das Gebäude sehen, und ich habe mir gedacht: Das wäre doch ein wunderschönes Ausflugslokal! Später habe ich gehört, dass es das einmal war. Jetzt bin ich erneut aufmerksam geworden und habe verstanden, dass hier ein Ort entstanden ist, an dem sich Initiativen begegnen können. Das hat mich überzeugt: So wie die Wirtschaft im Industrieclub ihren Treffpunkt hat, brauchen auch gemeinnützige Organisationen einen Ort, an dem Austausch möglich ist.“

Industriekultur bewahren und lebendig machen

Wie sind Sie selbst zum Engagement für den Industriepfad gekommen?

„Mich interessiert, wie die Menschen gearbeitet, mit welchen Maschinen sie zu tun hatten, und wie sie gelebt haben. Und welchen Einfluss die Industrie auf das Leben der Menschen hatte. Das wollen wir dokumentieren und zugänglich machen, damit sich Menschen davon ein Bild machen und vielleicht auch in eigene Erinnerungen eintauchen können. Sehr bewegend ist es, wenn Besucher bei unseren Führungen über den Industriepfad plötzlich anfangen zu erzählen: ‚Da habe ich gearbeitet‘ oder ‚Das habe ich erlebt‘“.

Der Industriepfad erzählt Stadtgeschichte

Was macht den Industriepfad Gerresheim so besonders?

„Der Pfad erinnert an die Entwicklung der Industrialisierung in Gerresheim, vom Ludenberger Ringofen bis zur Glashütte am Gerresheimer Bahnhof über Orte und zu Gebäuden der ehemaligen Drahtindustrie, die heute anders genutzt werden. Über 24 Stationen wird die industrielle Entwicklung und Geschichte des Stadtteils spannend erzählt, die Orte und ihre Vergangenheit werden eindrucksvoll in Bezug zur Gegenwart gestellt. So bleibt Industriegeschichte und damit Stadtgeschichte lebendig.

Eine besondere Erfahrung war unsere Glasausstellung von Flaschen der Gerresheimer Glashütte aus der Nachkriegszeit bis zur heutigen Zeit. Viele Besucher erkannten Flaschen, die sie sofort an ihre Kindheit erinnerten, Sanostol, Maggi, Afri Cola, Limonaden. Das hat Emotionen geweckt, weil Menschen plötzlich mit ihrer eigenen Geschichte verbunden wurden. Industriekultur bedeutet Identität und Erinnerung.“

 

Bildung gehört dazu

Welche Rolle spielt der Bildungsaspekt in Ihrer Arbeit?

„Wir haben Informationsmaterialien für Lehrerinnen und Lehrer erstellt, die sie für den Unterricht nutzen können. Außerdem greifen wir in unseren Ausstellungen aktuelle Themen auf, zum Beispiel Mobilität in Düsseldorf. Dabei geht es nicht nur um Verkehr, sondern auch um Ideen, Unternehmen und Persönlichkeiten, die in die Stadt gekommen sind, aber auch teilweise wieder abgewandert sind. So entstehen neue Blickwinkel.

Gleichzeitig merken wir, wie wichtig es ist, jüngere Menschen für unsere Arbeiten zu begeistern und zu gewinnen.  Deshalb wollen wir mit unserer Arbeit auch Kinder und Familien einbeziehen. Wenn Kinder Interesse entwickeln, sind oft auch ihre Eltern mit dabei, und so finden neue Mitstreiter den Weg zu uns.“

Begegnung schafft Vernetzung

Welche Verbindung sehen Sie zwischen dem Industriepfad und dem HirschburgFORUM?

„Begegnung ist das Entscheidende. Hier im HirschburgFORUM sehe ich, wie wertvoll die Vernetzung der Menschen ist. Menschen mit unterschiedlichen Ideen kommen zusammen und entwickeln Neues. Wir haben das auch bei der Veranstaltung  „Ein Abend Düsseldorfer Industriekultur“ im KAP1 gespürt. Da wurden Kontakte geknüpft, Adressen gesammelt, und es entstand der Wunsch, sich künftig gemeinsam für Industriekultur einzusetzen. Genau dafür ist die Hirschburg ein idealer Ort.“

Industriekultur sichtbar machen

Welche Vision haben Sie für die kommenden Jahre?

„Wir möchten helfen, den Industriepfad in ganz Düsseldorf weiterzuentwickeln, zum Beispiel mit neuen Stationen in Grafenberg oder Flingern. Außerdem wollen wir die Vernetzung in Düsseldorf und in der Region stärken. Es gibt viele Heimat- und Geschichtsvereine, die sich mit den Wurzeln ihrer Stadtteile beschäftigen. Wenn wir zusammenarbeiten, können wir Ausstellungen, Führungen oder Informationsangebote gemeinsam gestalten.

Es gibt weitere überregionale Netzwerke, zum Beispiel entlang der Industrieroute Rheinschiene. Wie in vielen Bereichen braucht es für deren weiteren Entwicklung Menschen, die sich engagieren. Wenn wir mehr Sichtbarkeit erreichen und neue Mitstreiter gewinnen, kann daraus etwas Großes entstehen.“

Zum Schluss

Herr Nawrath, was ist Ihnen besonders wichtig?

„Alles hängt von den Menschen ab, die mit Leidenschaft dabei sind. Industriekultur ist kein Selbstzweck. Sie bewahrt Erinnerung, sie schafft Identität, sie gibt einem Stadtteil Gesicht.

Und ich freue mich, dass das HirschburgFORUM ein Ort ist, an dem wir solche Themen einbringen und gemeinsam weiterentwickeln können.“